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Dr. Karsten Mühlenfeld (li.) und IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder

Am 20. Juni 2016 war der Vorsitzende der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, Dr. Karsten Mühlenfeld, zu Gast in den Räumen der Berliner IHK. Sein Vortrag befasste sich mit dem Thema „Luftfahrt in Berlin und Brandenburg-Perspektiven für die Entwicklung von Infrastruktur und Industrie.“ Er wies darauf hin, dass es 26 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch sehr wenig Industriezentren in Berlin gebe. Natürlich sei es nicht so einfach, Industrieansiedlungen nach Berlin zu locken. Es ist ja ein Wettbewerb überall vorhanden, wenn es um Ansiedlungen geht. Da kämpft jedes europäische Land erst einmal für sich, dann innerhalb eines Landes Regionen bzw. Städte untereinander. Berlin verfüge zwar über zahlreiche Hochschuleinrichtungen und Start-Up-Betriebe, dass „ist aber im Vergleich zur Industrie nur ein minimaler Faktor.“

Dr. Mühlenfeld sprach den Verkehrssektor an und betonte die Wichtigkeit der Luftfahrt. Sowohl der Fracht- als auch der Passagierbereich steigen jährlich in Deutschland. Auf die beiden Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld bezogen sagte er: „Sie sind attraktiv und funktionieren gut, trotz ihres Alters.“ Wichtig bei der Ansiedlung von Fluggesellschaften sei ein guter Mix. „Mit Low-Cost-Carriern allein schaffen Sie kein Wachstum am Flughafen. Diese Gesellschaften decken Kurzstrecken bis maximal Mittelstrecken ab. Sie brauchen für den Erfolg eines Flughafens auch Unternehmen, die Langstrecken bedienen.“ Der BER könne nach seiner Eröffnung auf Tegel verzichten. Der neue BER „kann problemlos 50-60 Millionen Passagiere pro Jahr abfertigen.“ Der Vorsitzende der Geschäftsführung teilte auch mit, der Flughafen Tegel sei nun wirklich nicht mehr zeitgemäß. Heute erzielt ein Flughafen auch einen großen Teil seines Umsatzes durch die Geschäfte, Dienstleister und gastronomischen Betriebe. In Tegel gehe man durch die Abfertigung und dann warte man auf den Abflug. An anderen Flughäfen habe man vor und nach dem Abfertigungsbereich viel mehr Geschäfte. Auf einen ganz konkreten Eröffnungstermin des BER wollte sich Karsten Mühlenfeld nicht festlegen. Unter den anwesenden Gästen in der IHK waren auch die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses Jutta Matuschek (DIE LINKE) und Bola Olalowo (GRÜNE). Frau Matuschek ist verkehrspolitische Sprecherin ihrer Fraktion und Mitglied des Untersuchungsausschusses „Flughafen BER.“ Sie fragte nach den Kosten, die der öffentlichen Hand durch den verzögerten Eröffnungstermin entstünden. Karsten Mühlenfeld erklärte, ein Großteil des Geldes seien Kredite. Da Flughäfen Gewinne abwerfen, könne man Kredite auch zurückzahlen. Die LINKEN-Parlamentarierin meldete sich nochmals zu Wort und hatte anderes Zahlenmaterial parat. Sie erklärte, es werde auch Steuergeld verbaut in Schönefeld. Nicht alles sei auf Darlehnsbasis gebaut. Die Öffentliche Hand gebe durchaus Summen im Milliardenbereich, die nicht als Darlehn, sondern als Zuschuss verbucht werden müssten. Der GRÜNEN-Abgeordnete Bola Olalowo ist wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion und betonte im Pressegespräch, dass kaum ein deutscher Flughafen Gewinne abwerfe. Am untersten Ende der Skala steht Kassel-Calden, selbst für Frankfurt am Main treffe das zu. Er forderte auch ein Konzept der Anbindung für den BER. „Die Fehler, die man in Tegel begannen hat, dürfen sich nicht am BER wiederholen.“ Vom „Kurt-Schumacher-Platz, dort befindet sich in unmittelbarer Nähe, in der Schillingstraße, mein Wahlkreisbüro, fahren nur Busse zum TXL. Weder die U 6 noch die U 7 fahren den Flughafen Tegel direkt an. Das bedeutet ja auch, für die Nachnutzung müssen schnellstens Alternativen her. Wenn auf dem Gelände des TXL rund 5.000 Wohnungen gebaut werden sollen und wir es mit um 12.000 Bewohnern dort zu tun haben werden: Sollen die alle am Jakob-Kaiser-Platz bzw. Kurt-Schumacher-Platz von der U-Bahn aus in den Bus umsteigen? Was ist mit den Arbeitnehmern, die dort neue Arbeitsstätten aufsuchen werden, zum Beispiel die Mitarbeiter der Beuth-Hochschule? Keine guten Verbindungen mit der S-Bahn oder U-Bahnen heißt doch dann im Klartext, die Beschäftigten setzen sich ins Auto und fahren damit zur Arbeit, Erderwärmung hin oder her. Die Stadtautobahn liegt ja in unmittelbarer Nähe des TXL-Geländes.“ Niemand könne bereits jetzt sagen, wann und ob beispielsweise die U 7 von Rudow bis zum BER verlängert werde. Sebastian Czaja ist Berliner Spitzenkandidat der FDP bei den im September stattfindenden Landtagswahlen. Zugleich ist er Generalsekretär seiner Partei in der Bundeshauptstadt. Der Liberale erklärte: „Der BER ist mit maximal 25 Millionen Passagieren bereits an der Grenze des faktisch Möglichen, weil das zentrale Abfertigungsterminal ein Nadelöhr darstellt, wie die Fluggastsimulation, die seinerzeit von American Airlines entwickelt wurde, zeigt. Um die Kapazitäten zu erhöhen, bräuchte man also eine grundsätzlich andere Konstruktion, ohne zentrale Abfertigung. Berlin ist kein Drehkreuz und wird es auch nicht werden. Die bisherigen Gross-Drehkreuze München, Frankfurt und Düsseldorf decken diesen Bedarf ab, warum sollten die Airlines davon abweichen? Berlin ist auch geographisch als Drehkreuz wenig geeignet. Schließlich verfügt Berlin mit dem BER nur über begrenze Kapazitäten, so dass bei einer Drehkreuzfunktion Reisende mit dem Endziel Berlin de facto mit Durchreisenden preislich konkurrieren würden. Bereits jetzt ist die A 100 die am stärksten befahrene Autobahn Deutschlands. Mit der Umleitung des Zubringerverkehrs auf einen Standort im Osten bricht der Verkehr auf der A 100 und durch Rückstau in der gesamten Stadt zusammen. Fluggäste wollen nach allgemeiner Erfahrung fliegen und nicht in der Stadt der 100 Einkaufszentren ein weiteres durchlaufen. Zudem: was soll die Verlagerung eines Einzelhandelsumsatzes aus der Stadt in ein Flughafengebäude doch gleich bringen? Außer, dass die staatliche FBB gezielt den privaten Einkaufszentrenbetreibern subventioniert Konkurrenz machen will? Und noch eins: Erst im Oktober sagen zu wollen, ob der Hauptstadt-Airport noch 2017 eröffnet oder nicht, ist eine ziemlich durchsichtige Wahlkampfhilfe des Flughafenchefs Dr. Karsten Mühlenfeld für die Parteienvertreter der Großen Koalition, die im BER-Aufsichtsrat das Desaster mit zu verantworten haben. Die Wähler werden darauf ganz sicher nicht hereinfallen.“ (Text/Foto: VTN)