Foto: Ralf Flucke
Im Zimmertheater in Steglitz lautete am 7. März das Motto: „Bummelfahrt nach Berliner Art.“ Intendant Günter Rüdiger und die Pianistin Alexandra Gotthardt führten im Programm „Das Nachtgespenst“ Berliner Melodien und Texte von 1900 bis heute auf. Der musikalische Bummel durch Berliner Kabaretts, Operetten und Musicals brachte
Melodien und Texte von Paul Lincke, Otto Reutter, Kurt Tucholsky, Friedrich Hollaender, Eduard Künneke, Willi Kollo, Klaus-Günter Neumann, Cole Porter, Bert Hilby u. a. zutage. Günter Rüdiger erklärte auch die Unterschiede des Kabaretts vom Cabaret.
Kaum einer weiß auch, dass Otto Reuter seinerzeit der zweitbeste bezahlte Künstler Europas war. Nur der italienische Opernsänger Enrico Caruso bekam eine höhere Gage. „Humorist stand damals im Ausweis bei Otto Reuter zu lesen, als die Berufsbezeichnung noch aufgeführt wurde“, teilte Günter Rüdiger dem Publikum mit. „Diese Berufsbezeichnung ist längst Geschichte. Heute ist man von Beruf Comedian.“ Neben den zahlreichen Liedern und Texten kam auch sehr viel Wissenswertes ans Tageslicht. Paul Lincke zum Beispiel war der ungekrönte König der „Berliner Knall-Operette.“ Das Gegenstück dazu ist die „Wiener Operette.“ Bei aus Österreich stammenden Operetten steht der Takt des Wiener Walzers im Vordergrund. Das hoch begeisterte Publikum erfuhr auch, dass der Aufführungsname „Das Nachtgespenst“ keine Fantasie des Duos Günter Rüdiger und Alexandra Gotthardt ist. Ende der 1920er Jahre belästigte ein Fassadenkletterer in Berlin Damen. Er schlich sich häuserkletternd selbst in hochgelegene Wohnungen ein. Er stahl nichts. Der Täter blickte die schlafenden Damen an und verschwand dann wieder, aber nicht, ohne eine Notiz hinterlassen zu haben. Die Berliner Medien gaben ihm den Namen „Das Nachtgespenst.“ Wie es oft so geschieht, textete man vorhandene Lieder auf das „Nachtgespenst“ um. Erinnert sei nur an den 1924 zum Tode verurteilten Serienmörder Fritz Haarmann. Er brachte zahlreiche Menschen per Beil um. Das Lied „Warte nur ein Weilchen“ kommt in der Operette „Marietta“ von Walter Kollo vor. Im Originaltext lauten die Textzeilen: „Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt auch das Glück zu dir! Mit den ersten blauen Veilchen klopft es leis' an deine Tür.“ Der Volksmund änderte den Text und fortan sang man: „Warte, warte nur ein Weilchen, dann kommt Haarmann auch zu Dir. Mit dem kleinen Hackebeilchen klopft er ganz leis an deine Tür.“ Günter Rüdiger konnte auch mitteilen, dass man „Das Nachgespenst“ einst inhaftiert hatte. Ein hochangesehener Regierungsrat war der Fassadenkletterer. Einen „Knoten“ lösten die beiden Künstler aber nicht auf! Die Frage „Wo kommen denn die Löcher im Käse her?“ sorgte zwar in einer Berliner Unternehmerfamilie und den anwesenden Gästen damals für eine Rauferei und ein richterliches Nachspiel, geklärt wurde diese Frage am 7. März allerdings nicht. Dafür löste man das Geheimnis auf, ob das Filet Stroganoff nun aus Umsk oder Omsk oder Tomsk stammt. Die Zuschauer sahen eine beeindruckende Vorstellung im Zimmertheater in Steglitz und Günter Rüdiger sowie Alexandra Gotthardt gaben zahlreiche Zugaben. Intendant Günter Rüdiger machte uns auf eine seiner nächsten Premieren aufmerksam, wo eine spannende Frage beantwortet werden soll! War bzw. ist Ludwig van Beethoven ein Superstar? Am Freitag, d. 27. März, um 20 Uhr lautet nämlich das Motto im Zimmertheater in Steglitz: „Beethoven Superstar?“ Das ist haargenau der 193. Todestag des Komponisten. Klaviermusik, Lieder und Biografisches von Ludwig van Beethoven mit Clara Sáez-Eggers und Günter Rüdiger werden dargeboten. Clara Sáez-Eggers spielt die Klassiker aus Beethovens Solo-Klavierstücken, u. a. „Für Elise", „Mondscheinsonate" und die "Sturmsonate", ergänzt durch biografische Informationen und Lieder, vorgetragen von Günter Rüdiger.
Beethoven war seiner Zeit voraus, heute erst kann sich sein Werk voll entfalten. Wäre er heute ein Popstar? Oder ein Leisetreter?
Seine populären Melodien kommen hier neu und lebendig arrangiert in unsere Zeit. Mit origineller Moderation, unterhaltsam, tiefgründig, witzig und zum Mitsingen.
Außerdem beschäftigt man sich im Zimmertheater am 27. März mit der Frage, ob die Merkmale der Klassik (Ausgewogenheit, Symmetrie und Geschlossenheit) in Beethovens Klaviermusik wiederzufinden sind. (Text: Volkert Neef)