Foto: Udo Horn
Keine Kreuzfahrt ohne Kreuzfahrtschiffe, das ist logisch. Ebenso ist es logisch, dass man für den Transport von Waren über den Weltmeeren Schiffe benötigt. Selbst der Stadtstaat Berlin braucht Schiffe. Erinnert sei hier an die BVG-Fähren und das Schiff „Ente.“ Es bringt an Schultagen Schüler und Lehrer zur Tegeler Schulfarm Scharfenberg und wieder zurück. Irgendwer muss ja diese Schiffe bauen beziehungsweise technisch betreuen und im Bedarfsfalle auch reparieren. Einer der wichtigsten deutschen Schiffbaustandorte ist das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.
Wussten Sie schon, das Mecklenburg-Vorpommern seit 2016 mit zu den bedeutendsten Schiffbaustandorten der Welt gehört? Mecklenburg-Vorpommern gilt spätestens seit der Übernahme der drei Standorte Warnemünde, Wismar und Stralsund durch die asiatische GENTING-Group zu den innovativsten Standorten beim Bau hochmoderner Schiffseinheiten. Seien es Flussschiffe, Hochseekreuzfahrtschiffe oder Offshore-Konverterplattformen für die Ölindustrie beziehungsweise Windenergiewirtschaft, der Schiffbau im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern erlebt eine neue „Blütezeit“. Die drei Werften in Wismar, Rostock und Stralsund gehören zu den größten und modernsten Schiffbaubetrieben Europas. Die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Wismar verfügt an allen Standorten über direkten Ostseezugang, wetterunabhängige Fertigungsanlagen sowie eine effiziente Logistikinfrastruktur und vereint so innovative High-Tech-Produktion mit umfassender Schiffbau-Expertise. In ihrer jeweils 70-jährigen Geschichte haben die Werften insgesamt rund 2.500 Schiffsneubauten konstruiert, gefertigt und ausgerüstet, darunter Kreuzfahrtschiffe für AIDA, RoPax-Fähren für Stena Line und Flusskreuzfahrtschiffe für Premicon. Heute hat sich das Unternehmen auf die Entwicklung und den Bau von luxuriösen Kreuzfahrt-, Flusskreuzfahrtschiffen und Megayachten spezialisiert.
Beispiel 1, Wismar:
Mit dem Brennschnitt der ersten Stahlplatten begann am 6. Januar 2017 bei MV WERFTEN in Wismar der Bau von zwei Flusskreuzfahrtschiffen der „Rhein“-Klasse für Crystal River Cruises. Die „Crystal Debussy“ und die „Crystal Ravel“ sind die Nummern 3 und 4 der „Rhein“-Klasse von Luxus-Kreuzfahrtschiffen, die in Wismar gefertigt werden: Zwei Schiffe, die „Crystal Bach“ und die „Crystal Mahler“, befinden sich bereits im Bau. Sie werden dieses Jahr an Crystal River Cruises abgegeben. Die baugleichen „Crystal Debussy“ und „Crystal Ravel“, werden komplett am Wismarer Standort von MV WERFTEN gefertigt. Sie werden rund 135 Meter lang, elf Meter breit und 3.100 BRZ groß sein. Kunde ist die US-amerikanische Luxusreederei Crystal River Cruises. Nach ihrer Ablieferung in 2018 verkehren die Schiffe auf dem Rhein, dem Main, der Donau und der Mosel. Sie durchqueren unter anderem die Niederlande, Deutschland, Österreich und Ungarn und bieten Platz für bis zu 106 Passagiere in 55 Balkonsuiten edelster Ausstattung. Das ist eine logische Folge, um die steigende Nachfrage an Luxus-Flussreisen in Europa bedienen zu können.
Im Auftragsbuch von MV WERFTEN stehen für die Zeit bis 2022 insgesamt zehn Schiffe, darunter die sogenannte „Wismar-Max-Klasse.“ Hinsichtlich der Passagierzahl ist es das größte Kreuzfahrtschiff der Welt. Die Cruiseliner der „Global Class“-Serie werden über 340 Meter lang, 45 Meter breit und 201.000 BRZ groß sein. Beginn der Produktion ist für Ende 2017, Ablieferung an die Reederei Star Cruises für 2020 geplant. 2018 folgt die erste Baureihe an Expeditionsjachten der "Crystal Endeavor Class" mit einer Bruttoraumzahl (BRZ) von 20.000. Die größeren Schiffe werden dann in Wismar und Rostock-Warnemünde, die kleineren am Standort Stralsund gebaut. Die Aufträge im Wert von 2,5 Milliarden Euro hatte Genting bereits im Mai 2016 bekanntgegeben. Seinerzeit war von einem Volumen von 3,5 Milliarden die Rede. Rund 1.600 neue Arbeitsplätze könnten an den drei Standorten in Mecklenburg-Vorpommern entstehen.
Beispiel 2, Rostock-Warnemünde:
Auch hier ist eine weitere, positive Entwicklung für die nächsten Jahre vorprogrammiert. Die NEPTUN WERFT gehört heute zu den Marktführern im Flusskreuzfahrtschiffbau. Im Jahr 2016 konnte die zur Meyer Werft gehörende Neptun Werft in Rostock-Warnemünde sechs Flusskreuzfahrtschiffe für Viking River Cruises fertigstellen, zwei Ablieferungen werden noch in diesem Jahr erfolgen. Der Mutterkonzern, die Meyer-Werft in Papenburg, investiert Millionen Euro in den Ausbau des Rostocker Standortes. Neptun soll künftig vier Aufträge pro Jahr erfüllen. Um den neuen Anforderungen an umweltfreundlichen Technologien künftig zu entsprechen, werden nur noch mit Flüssiggas und Brennstoffzellentechnologie betriebene Kreuzfahrtschiffe gebaut. Dafür wird an der Warnowmündung eine neue Fertigungshalle errichtet. Sie soll 140 Meter lang, 60 Meter breit und 45 Meter hoch sein. In dieser sollen ab 2018 an komplette Segmente für die Energieversorgung der Schiffe gebaut und dann zur Komplettierung der in Papenburg und im finnischen Turku fertiggestellten Ozeanriesen ausgeliefert werden.
Das Investitionsvolumen belaufe sich damit auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Der Leistungsumfang, den die Werft zukünftig liefert, würde deutlich steigen und die Zahl der Arbeitsplätze ebenfalls.
Die Neptun-Werft mit ihren gut 500 Beschäftigten hatte sich in den zurückliegenden Jahren vor allem als Spezialist für Flusskreuzfahrtschiffe einen Namen gemacht. Zudem wurden und werden dort Spezialschiffe wie Gastanker gebaut. Damit ist jeder Start für den Bau eines neuen Schiffes ein positives Signal für die maritime Wirtschaft. Es bedeutet vor allem auch, dass die Wertschöpfung im eigenen Land bleibt.
Insofern ist Mecklenburg-Vorpommern ein nicht zu unterschätzender Standortvorteil für die maritime Wirtschaft in Deutschland. (Ein Beitrag mit Foto unseres Rostocker Kollegen Udo Horn)