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Wer in der Bergarbeiterstadt Dortmund das Licht der Welt erblickt hat, ist sicherlich schon automatisch ein Mensch, der mit Energie zu tun hat. So ist es garantiert bei Boris Schucht der Fall. Er kam 1967 in Dortmund zur Welt. Heute ist er Vorsitzender der Geschäftsführung der „50 Hertz Transmission GmbH“. In Berlin hat das Unternehmen seinen Firmensitz. Am 19. Juli 2016 war Boris Schucht zu Gast in der Berliner IHK. Zahlreiche hochinteressante Details kamen ans Tageslicht. Dabei hat Boris Schucht sozusagen mit Licht auch zu tun. Der Diplom-Ingenieur mit dem Studienschwerpunkt Maschinenbau war einst bei der „Vattenfall Europe Venture GmbH“ als Geschäftsführer tätig, bevor er 2010 zu 50Hertz wechselte. Der Übertragungsnetzbetreiber gibt rund 1.000 Mitarbeitern Lohn und Brot. Das Netz umfasst eine Länge von 10.000 Kilometern und deckt 30 Prozent der Fläche Deutschlands ab. Das sind alle Neuen Bundesländer, die Gesamtfläche von Berlin, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Teile von Schleswig-Holstein und man kommt auf über 100.000 Quadratkilometer.

Boris Schucht teilte mit, dass fast 50 Prozent des Stromes heute aus Erneuerbaren Energien stammen. Er erinnerte an die Zeiten des ersten Windkraftrades, dass Wind in Strom umwandeln sollte. Growian war sein Name. Diese 1979 in Betrieb gegangene Windkraftanlage hielt gerade einmal drei Monate, ehe sie erneuert werden musste. Als Student in Aachen hatte man Boris Schucht im Studium beigebracht, was alles geht und was absolut technisch unmöglich sei. „Als ich ins Berufsleben eintrat, ging die Fachwelt davon aus, bis maximal 5 Prozent des deutschen Strombedarfs kann man mit Erneuerbaren Energien produzieren.“ Dann waren es 10 Prozent, später sogar 30. „Dann hörte ich die Worte, dass das Ende der Fahnenstange erreicht worden ist.“ Boris Schucht ist zuversichtlich, dass selbst die heute erreichten 50 Prozent „noch nicht das Ende dessen ist, was wir demnächst erreichen können.“ Nach dem Atomkraftwerksunfall im japanischen Fukushima im Jahre 2011 begann man in Deutschland, sich noch intensiver nach Erneuerbarer Energie umzuschauen. Anfangs belächelte man Deutschland dafür. „Heute kommen Delegationen aus dem Ausland, die vom jeweiligen Energieminister des Landes angeführt werden und bewundern unsere Ergebnisse in Sachen Erneuerbare Energien.“ Strom wird immer mehr nachgefragt. Der deutsche Verbraucher lädt Laptops auf, jedes Kind besitzt bereits ein stromfressendes Handy, man putzt sich mit der elektrischen Zahnbürste die Zähne und die Konservendose wird piekfein mit dem elektrischen Dosenöffner aufgemacht. Glücklicherweise produziert man in der Region Nordost viel mehr Strom, als man verbrauchen kann. Der hiesige Strom geht regelrecht auf Exportreisen. Da sind zum einen andere Regionen in Deutschland als auch als Abnehmer das Ausland bekannt. Wie unterschiedlich die Stromerzeugung in Nachbarländern von Deutschland abläuft, machte er an drei Beispielen deutlich. In Frankreich und Belgien setzt man auf Atomkraft. Gerade in Belgien sind wieder zwei Werke am Netz, die über 40 Jahre alt sind. Dazu bemerkte der Referent: „Ich habe Freunde, die Oldtimer fahren. Gerne nehme ich an solchen Fahrten teil. Allerdings darf man mit einem Oldtimer keine Überlandfahrten mehr einplanen.“ Ein aktives Atomkraftwerk, dass in die Jahrzehnte gekommen ist, kann nicht viel Vertrauen erwecken. „80 Prozent des Windes in Deutschland wehen immer von Westen nach Osten. Man kann sich leicht ausmalen, wen es betrifft, falls mit einem Atomkraftwerk in Frankreich oder Belgien einmal etwas passieren sollte.“ Der östliche Nachbar Deutschlands, Polen, fällt dadurch auf, dass man gerade im oberschlesischen Steinkohlerevier Strom aus Kohle erzeugt. Da spielen Umweltschutzgründe nur eine ganz untergeordnete Rolle. Gerade die jetzt im Amt befindliche polnische Regierung setzt auf den heimischen Bergbau und hat vor der letzten Wahl den Bergleuten zugesagt, dass Steinkohle weiterhin eine Zukunft in Polen hat. In Deutschland werden 2018 die letzten Schachtanlagen für immer dicht machen. Boris Schucht teilte eine Weisheit mit, die wir Stromkunden sehr oft vergessen: Wenn wir den Lichtschalter einschalten, fährt irgendwo ein Stromkraftwerk seine Leistung hoch, denn der Strom muss ja von irgendwo herkommen. Drückt der Stromkunde seinen Lichtschalter wieder aus, fährt das Stromkraftwerk den Strom herunter. Selbst wenn zu Spitzenzeiten sehr viel Strom in Deutschland nachgefragt wird, leiden wir nicht unter Stromschwankungen und Stromausfällen. In den USA sieht es da ganz anders aus. Selbst die Weltstadt New York musste schon 1977 einmal einen Blackout verkraften. Andere US-Städte mussten einen Blackout erst in jüngster Zeit verkraften. Boris Schucht gab noch zwei weitere Dinge bekannt: „Der Energiewandel wird kommen, er ist nicht mehr rückgängig zu machen. Eines muss uns auch klar sein. Den Energiewandel gibt es nicht zum Nulltarif.“ (Text/Foto: VTN)