Puhdys

Die Puhdys verabschieden sich in die Rockerrente / Foto: Ingrid Müller-Mertens

So richtig mag man es nicht glauben, dass das nun wirklich das allerallerletzte gemeinsame Konzert der Puhdys sein soll. Aber irgendwie scheint es nach einigen früheren "Abschiedstourneen" diesmal doch ernst zu sein. Und auch die mit ihren Idolen gealterten Fans waren sich der Weihe des Ereignisses bewusst und zelebrierten zusammen mit den in die Jahre gekommenen Rockbarden ein Gemeinschaftserlebnis, das man vielleicht künftig als legendär bezeichnen wird.

Am Wochenende gab die inzwischen wohl zum ostdeutschen Kulturerbe zählende Band in Berlin ihr ultimativ letztes gemeinsames Konzert und verabschiedete sich in die Rockerrente. Zwei Abende jubelte das Publikum in der ausverkauften Mercedes-Benz-Arena ihren Idolen zu. Dieter ’Maschine’ Birr, der als Sänger, Musiker, Komponist und Texter der "Puhdys" deutsche Musikgeschichte geschrieben hat, blickte dabei noch einmal auf fünf Jahrzehnte gemeinsamen Schaffens der Band zurück, von den jeweils über 13.000 Zuschauern frenetisch gefeiert.

Im November 1969 standen ’Maschine’ (71) sowie Peter Meyer (75/Keyboard), Dieter Hertrampf (71/Gitarre), Peter Rasym (62/Bass) und Klaus Scharfschwerdt (61/Schlagzeug) das erste Mal auf der Bühne. In der DDR wurden sie zwölfmal zur beliebtesten Rockgruppe gewählt und noch immer sind die Puhdys eine der erfolgreichsten Ostrock-Bands.

Der Song "Was bleibt" steht am Anfang und am Ende der Abschiedsveranstaltung. Und was vor allem bleibt, das, so die Puhdys, "sind Freunde im Leben." Inbrünstig von den Tausenden in der Halle mitgesungen. Ein bewegender Moment. Man spürt die Verbundenheit zwischen Zuschauerrund und Bühne. Das ist mehr als ein Musikstück, hier gehen die Herzen auf, artikuliert sich ein Gefühl von jahrzehntelanger Zusammengehörigkeit, idealisierten Jugenderinnerungen und natürlich auch DDR-Nostalgie. Man spürt überdeutlich das "Wir-lassen-uns–nicht-unterkriegen-Gefühl, für das die legendären Rocker stehen, sowohl heute als auch früher.

Und so hätte man sich vielleicht ein paar mehr, der zu ihrer Zeit fast revolutionären Titel der früheren Jahre gewünscht. Die kommen nach den umjubelten, so typischen Puhdys-Songs wie "Alt wie ein Baum", "Geh zu ihr", aus dem Defa-Film "Die Legende von Paul und Paula", "Wenn ein Mensch lebt" oder "Hey, wir woll`n die Eisbärn sehen" erst ziemlich am Ende des dreistündigen Konzertabends. Und Dieter Birr, der angenehm unsentimental durch den Abschiedsabend führt, kündigt sie als " ein paar Songs" an, die sie "normalerweise gar nicht mehr spielen". Schade eigentlich. Und es mag auch nicht leicht sein, aus dem Repertoire von gut 350 Titeln das Angemessene für einen solchen besonderen Abend zusammenzustellen. Der Titelsong ihrer LP von 1977 "Perlenfischer" jedenfalls bewegt die dankbare Fangemeinde ebenso wie das folgende Liebeslied "Erinnerung", "Manchmal im Schlaf", "Kein Paradies" oder "Mann im Mond". Ob der ultimativ letzte Titel des ultimativ letzten Konzerts "Königin" mit der aufregenden Textzeile :"Den allerersten Trabi, zehn Jahre nach’m Abi, geschloss’nes Vaterland, des Volkes Unterpfand", eine gute Wahl war, sei dahingestellt.

Aber man soll es ja auch nicht zu dramatisch nehmen. Auch wenn die Puhdys ab jetzt Rockgeschichte sind, die einzelnen Mitglieder setzen sich nicht zur Ruhe sondern wollen sich nun ihren Einzelprojekten widmen und auch 2016 noch einmal gemeinsam mit City und Karat auf der ’Rocklegenden’-Tournee unterwegs sein. Schon mal vormerken: Am 28.Mai 2016 in der Berliner Waldbühne.

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Text: Ingrid Müller-Mertens