Bezirksbürgermeister Frank Balzer
Ein Spruch aus Volkes Mund lautet: „Nach dem Besuch im Rathaus ist man schlauer.“ Wer ins Rathaus gegangen ist und sich Rat in diesem Haus geholt hat, ist nachher sehr oft schlauer, manchmal auch ärmer. Jeder persönliche Dienst am Bürger ist kostenpflichtig. Dokumente wie Personalausweis, Reisepass und das Ausstellen von Urkunden sind kostenpflichtig. Es gibt in Berlin Rathäuser, die arbeiten „sehr gut“ oder „gut“ oder „sehr miserabel“ mit den Steuergroschen. Jeder der 12 Berliner Bezirke hat ein Rathaus, manche Bezirke haben mehrere Rathäuser im Bestand. So hat der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sein Rathaus in der Otto-Suhr-Allee in Charlottenburg. Das Gebäude am Fehrbelliner Platz diente bis zur Verschmelzung der beiden Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf als Rathaus für den ehemals selbständigen Bezirk Wilmersdorf. Heute steht es leer. Bis 1920 gehörte die Bauernschaft Schmargendorf zum Landkreis Teltow. Schmargendorf hatte auch ein Rathaus. Dann wurden die Teltower Groß-Berliner im Bereich Wilmersdorf. Heute dient dieses Rathaus noch als bezirkliches Standesamt und Bibliothek. Seit 1920 gibt es den Bezirk Reinickendorf mit seinem Rathaus am Eichborndamm. Aus sechs Landgemeinden ist er entstanden. Seine Größe beträgt fast 90 Quadratkilometer und heute leben im Bezirk rund 265.000 Einwohner. Zum Vergleich: Gelsenkirchen kommt auf 261.000 Einwohner. In der Landeshauptstadt Kiel leben 248.000 Menschen; in der Landeshauptstadt Mainz sind es „nur“ 215.000. Experten gehen davon aus, der Bezirk Reinickendorf wird in 10 Jahren die Einwohnergröße von über 300.000 Bewohnern erreicht haben. Oberster Reinickendorfer ist seit Oktober 2009 Frank Balzer (55).
Der Bezirksbürgermeister ist seit Februar 2019 zudem CDU-Kreisvorsitzender. Anfang April lud Frank Balzer Medienvertreter ins Rathaus ein. Im Bezirksamt Reinickendorf sind über 1.500 Mitarbeiter beschäftigt. „Wir haben hier eine Besonderheit. Die meisten Mitarbeiter des Bezirksamtes wohnen auch in Reinickendorf. Da haben andere Bezirke ganz andere Zahlen aufzuweisen“, betonte der Bezirksbürgermeister. Der Etat Reinickendorfs, als Zahlenwerk betrachtet, kommt problemlos auf 300 Seiten. Das Jahr 2018 hatte ein Volumen von ca. 634 Millionen Euro und 2019 von ca. 641 Millionen Euro. „Wir haben gut abgeschnitten, besser als erwartet.“ Der Bezirk im Norden Berlins ist für seinen guten Haushalt bekannt. Man weiß in der Verwaltung und zugleich in der BVV, nur das zur Verfügung stehende Geld kann ausgegeben werden und einen kommunalen „Notgroschen“ sollte man auch im bezirklichen Sparstrumpf haben. „Wir sind zufrieden. Sicherlich kann man das eine oder andere noch verbessern. Unser Anspruch ist es, noch besser zu werden.“ Doch da liegt etwas bis sehr viel im Argen. Der Bezirksbürgermeister kann nicht alles allein machen und ist auf viele gute Mitarbeiter angewiesen. Daran klemmt es! Das soll nicht heißen, dass die jetzt im Bezirksamt tätigen Mitarbeiter ihre Arbeit nicht gut machen! Sie leisten ja uneingeschränkt sehr gute Arbeit! Bedauerlicherweise sind einfach nicht genügend Mitarbeiter vorhanden. Der Personalbestand weist eine Lücke von über 5 Prozent auf. Früher stellte sich die Frage: „Wo nehmen wir für diesen Bewerber nur die Stelle her?“ Heute stellt sich jeder Berliner Bezirksbürgermeister die Frage: „Woher nehme ich nur für diese offene Stelle den Bewerber her?“ Dabei hat Reinickendorf auch im Bereich des Personals fast schon goldene Zahlen zu vermelden. Während man hier auf die bereits erwähnten „nur 5 Prozent“ offenen Stellen kommt, sind es im Bezirksamt Treptow-Köpenick über 13 Prozent. „Reinickendorf ist ein sehr attraktiver Arbeitgeber. Auf Jugendmessen beispielsweise gehen meine Mitarbeiter und ich gezielt auf Jugendliche zu und sprechen sie an. Im letzten Jahr haben 20 junge Menschen ihre Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bei uns begonnen. Das lässt uns hoffen.“ Es rächt sich jetzt für die Bezirke und die Senatsverwaltungen, dass sie jahrelang nicht einstellen durften aufgrund der Vorgaben des Senats. Der damalige Regierende Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit prägte 2001 den legendären Satz: „Wir werden sparen, bis es quietscht.“ Er setzte seinerzeit drastische Kürzungen durch und ließ Finanzsenator Thilo Sarrazin (beide mit SPD-Parteibuch) kostbares Landeseigentum verkaufen. Die Linkspartei unterstützte den Kurs als Koalitionspartner im Senat. Noch ein anderer Vorgang macht Frank Balzer zu schaffen. Die Senatsverwaltungen und die in Berlin ansässigen Bundesministerien und Bundesbehörden zahlen oft ein bis zwei Besoldungsstufen besser als ein Bezirksamt. Bei den Bundesbehörden wird zudem oft eine Ministerialzulage gezahlt. Sie dient der Gewinnung qualifizierten Personals und der pauschalen Abgeltung besonderer zeitlicher und dienstlicher Beanspruchung. Die Ministerialzulage ist Teil der Dienstbezüge von Beamten bei obersten Bundes- oder Landesbehörden sowie den obersten Bundesgerichten. Der Bezirksbürgermeister hat schon diese Erfahrungen sammeln müssen: „Ein vom Bezirksamt ausgebildeter junger und guter Kollege oder Kollegin bewirbt sich bei der Senatsverwaltung. Geht dorthin und verdient mehr als im Bezirksamt bei gleicher Tätigkeit. Er oder sie erzählen allen ehemaligen Kollegen dann, wie viel mehr man jetzt im Monat verdient. Wir mussten schon erleben, dass ein ehemaliger Mitarbeiter des Bezirksamts zwei Kollegen in die neue Behörde regelrecht abgeworben hat. Man kann dagegen nicht viel unternehmen.“ Bei einigen Berufen wie Bauingenieuren oder IT-Spezialisten stehen die meisten Ämter hinten an, wenn es um die Personalgewinnung geht. Die private Wirtschaft bietet Bewerbern aus den so sehr gefragten Bereichen Gehälter an, dass der öffentliche Dienst sehr oft gar nicht erst zum Zuge kommt bei diesen so sehr gesuchten Fachkräften. Frank Balzer blickt aber durchaus mit Optimismus in die Zukunft, selbst wenn der ein oder andere ehemalige Mitarbeiter des Bezirksamtes das Rathaus verlassen hat in Richtung Senatsverwaltung oder Bundesamt bzw. Bundesministerium. „Wir in Reinickendorf bilden über Bedarf aus und weisen auf die Vorzüge hin, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bezirksamt haben. Zu einem guten Arbeitsplatz gehören für mich auch gute Arbeitsbedingungen. Dazu zählen modernste Technik, gutes Mobiliar und ein sehr kollegialer Umgang. Im Spätsommer eröffnet unser Ratskeller wieder. Dort können die Kolleginnen und Kollegen gut und günstig zu Mittag essen.“ Für den obersten Reinickendorfer gibt es „nichts Schöneres, als im Bezirksamt Reinickendorf tätig sein zu dürfen. Ich bin in Reinickendorf geboren, hier groß geworden. Es ist für mich eine sehr große Ehre, in dem Bezirk, wo ich zur Welt gekommen bin, als Bezirksbürgermeister tätig sein zu dürfen. Es ist Ehre und Verpflichtung zugleich.“ (Text/Fotos: Volkert Neef)