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Foto: Wolfgang Behrens 

Als Rixdorf noch bei Berlin lag: Tempelritter besiedelten im 12. Jahrhundert einen Flecken im heutigen südlichen Berlin. Im Jahre 1360 wurde das Dörfchen erstmals urkundlich erwähnt. Der Name war Richarstorpf, was so viel wie das Dorf des Richard bedeutet. Bis heute erinnert der Richardplatz daran, der zugleich als Zentrum des ehemaligen Flecken Richardstorpf gilt. Im Jahre 1525 nannte sich der Flecken in Ricksdorf um. Der preußische König Friedrich Wilhelm I. (1688 bis 1740) und auch als Soldatenkönig in die Geschichtsbücher einging, nahm aus Böhmen verfolgte Protestanten auf. Die Neuankömmlinge gründeten Böhmisch-Rixdorf, nebenan wohnten die alteingesessenen Einwohner in Deutsch-Rixdorf. 1874 vereinigten sich die beiden Gebiete zu einem Rixdorf. Der Ort hatte die Bezeichnung Rixdorf bei Berlin, 1899 entstand ein eigener Stadtkreis Rixdorf. Die übergeordnete Behörde war der Landkreis Teltow.

Es ist überliefert, dass es in Rixdorf seinerzeit recht frivol zuging. Zwielichtige Kneipen, auf den Straßen allein flanierende Damen, die sich nicht scheuten Herren anzusprechen und wenn man sich handelseinig war, sich in ein Hotel zurückzog sowie Tanzlokale, deren Zutritt für Soldaten in Uniform wegen der dort herrschenden Unsittlichkeiten streng verboten war, sorgten für den nicht ganz so guten Ruf von Rixdorf. Ein Gassenhauer, der um 1870 entstanden ist, drückte es so aus: „In Rixdorf ist Musike, da tanzen Franz und die Rieke.“ Aus Berlin und dem Umland kamen speziell an Wochenenden Tagelöhner und landwirtschaftliche Gehilfen nach Rixdorf, um ihr sauer verdientes Geld für „Wein, Weib, Tanz und Gesang“ auszugeben. Einige bürgerliche Einwohner des Ortes schämten sich, dort wohnen zu müssen. Rixdorf galt zur damaligen Zeit als eine Art Sündenbabel. So trug man Kaiser Wilhelm II. seitens der Bürgerschaft an, ihm eine besondere Freude zu machen. Zu Ehren des Monarchen sollte eine Umbenennung erfolgen. Seine Majestät willigte ein, dieses Bürgergeschenk am 27. Januar 1912 anzunehmen. Da feierte der oberste Preuße seinen 53. Geburtstag. Von nun an gab es offiziell kein Rixdorf mehr, der neue Name lautete Neukölln. Acht Jahre nach der Umbenennung kam es zur Eingemeindung von Neukölln nach Groß-Berlin. Curt Kaiser (1865 bis 1940) war der letzte Bürgermeister von Rixdorf. Er hatte das Bürgermeisteramt von Rixdorf von 1908 an inne und war bei der Auflösung des Namens dann von 1912 bis 1919 Bürgermeister von Neukölln. Der Volksmund bezeichnete Curt Kaiser gerne als den letzten Kaiser von Rixdorf. Privat lebte der letzte oberste Rixdorfer und spätere oberste Neuköllner in seinem Bezirk in der Sonnenallee 124. Eine Gedenktafel am Haus erinnert an den letzten Kaiser von Rixdorf. Er war ein angesehener Mann bei der Obrigkeit und bei der Bevölkerung. 1915 wurde ihm ob seiner Leistungen eine Ehrung zuteil. Curt Kaiser erhielt die Medaille der Stadt Neukölln. Nach seiner Amtszeit als Bürgermeister wirkte er als Leiter der städtischen Besitzungen in Börnsdorf in der Holsteinischen Schweiz. Der Name Rixdorf ist heute in Berlin noch erhalten im Getränk Rixdorfer Fassbrause. Es ist ein alkoholfreies Getränk mit Frucht oder Kräuterzusätzen und Malzextrakten. Der größte Weihnachtsmarkt im Berliner Bezirk Neukölln trägt den Namen Rixdorfer Weihnachtsmarkt, es gibt zudem eine Rixdorfer Straße. Alles erinnert immer noch an das einstige Sündenbabel Rixdorf, wo heute von den damaligen Untugenden nichts mehr zu sehen ist.
Heute ist kaum noch bekannt, was es mit Rixdorf einstmals auf sich hatte. Selbst die erhaltenen Namen beim Rixdorfer Weihnachtsmarkt und der Fassbrause führen nicht dazu, den Namen Rixdorf einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Das Schild an der Sonnenallee 124 für Curt Kaiser befindet sich auch nicht am Haus an der Häuserfront, sondern neben der Haustür. So als wollten heute die Berliner den letzten Kaiser von Rixdorf verstecken. www.berlin.de/ba-neukoelln
Service: Die Berliner S-Bahn S 41, die Ringbahn, hält an der Station Sonnenallee. Dort hat diese große Neuköllner Einkaufsmeile ihren Anfang. Zahlreiche Cafés und Restaurants befinden sich ebenfalls dort. (Text: VTN/Foto: Wolfgang Behrens)