Die Berliner S-Bahn hatte im Jahr 2002 den Betrieb im „Berliner Ring“ wieder aufgenommen. Der Berliner Ring ist 37 Kilometer lang und umschließt zweispurig die Innenstadt. Ein Gleis dient jeweils für eine Richtung. Den Ring kannte man schon seit 1851. Vorläufer der Ringbahn war die „Königliche Bahnhofs-Verbindungsbahn“, allerdings wurden auf der 9 Kilometer langen Strecke damals nur fünf Kopfbahnhöfe eingleisig angefahren. Geschichtlich wird aber diese Strecke als Geburtsstunde des Berliner Ring betrachtet. Der Berliner Ring hatte durch den Mauerbau 1961 eine Teilung erfahren. Im Westteil Berlins entstand eine Streckenführung zwischen Sonnenallee in Neukölln bis zum Gesundbrunnen im damaligen Westberliner Bezirk Wedding.
Im Ostteil der Stadt fuhr die Ringbahn von der Schönhauser Allee im Prenzlauer Berg bis zur Station Treptower Park. Es gab Abzweigungen zum Flughafen Schönefeld, nach Bernau und nach Königs Wusterhausen. Als Westberliner Reichsbahnbedienstete 1980 in den Streik traten, ließ die in Ostberlin ansässige S-Bahndirektion den westlichen Teil der Ringbahn nicht mehr befahren. Die Berliner Ringbahn hält heute auch an S-Bahnstationen an, von denen Regionalzüge weiterfahren. Das ist beispielsweise bei den Stationen Südkreuz und Gesundbrunnen der Fall. Der Gesundbrunnen hatte bis Mai 2016 eine Besonderheit. Er war die inoffizielle Station „Nordkreuz.“ Neben der bereits erwähnten Station Südkreuz gibt es im Berliner Ring auch die Stationen West- und Ostkreuz. Bereits 2005 planten die S-Bahn-Verantwortlichen, dem Bahnhof Gesundbrunnen den Namen Nordbahnhof zu geben. Widerstand der Bevölkerung und lokaler Politiker verwarfen diesen Plan. Im Mai 2016 sah man dann erstmals Schilder auf dem Bahnhof Gesundbrunnen, die in kleinerer Schrift als beim Schriftzug Gesundbrunnen auch das Wort Nordbahnhof führten. Offiziell hatte die S-Bahn im Vorfeld nicht mitgeteilt, das es zu dem Zusatz Nordbahnhof kommen wird. Hintergrund soll folgender gewesen sein, so wird gemunkelt. Der Zusatz Nordkreuz sollte offiziell erst im Juli 2016, zum Bahnhofsfest, enthüllt werden. Doch irgendein oder mehrere „Spaßvögel“ rissen bereits im Mai die Folien an den Stationsschildern am Gesundbrunnen ab. Somit machte der Zusatz Nordkreuz ab Mai 2016 seinen Siegeszug im Internet. Die Bahnmanager reagierten schnell und überkleben den Schriftzug Nordkreuz wieder. Bahnmitarbeiter achteten darauf, dass kein Unbefugter sich nochmals an den Folien zu schaffen machte. Im Juli 2016 kam es dann offiziell zum Zusatz. Jetzt kann jeder Fahrgast klar und deutlich neben dem Stationsschild Gesundbrunnen auch Nordkreuz lesen. Touristen und weitgereiste Geschäftsleute werden das Nordkreuz dankbar aufnehmen. War es doch geradezu logisch, das man auf der Karte das Nordkreuz gesucht hatte bisher, denn ein West-, Süd- und Ostkreuz gab es ja bereits. Übrigens, der heutige Berliner Hauptbahnhof hatte eine ähnliche Geschichte. Erst hieß er „Lehrter Stadtbahnhof“, dann erfolgte klein der Schriftzug Hauptbahnhof. Wer redet heute eigentlich noch vom Lehrter Stadtbahnhof? Gerüchte belegen, dass es bei Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder der Fall sein soll. Er, der er auch mal Ministerpräsident von Niedersachsen war und dazu gehört bekanntlich Lehrte ja auch, gehört zu den Verfechtern, die bis heute einzig und allein vom Lehrter Stadtbahnhof reden, wenn es um den Berliner Hauptbahnhof geht. Man kann sicherlich davon ausgehen, das im Laufe der Zeit kaum noch einer vom Gesundbrunnen reden wird. Anwohner einmal ausgenommen. Touristen, Neuberliner und nachwachsende Generationen werden eines nicht mehr fernen Tages nur noch vom Nordkreuz reden statt vom Gesundbrunnen.
Fazit: Es ist doch nur logisch, dass man eine Ringbahn, wenn man schon drei Stationen mit Himmelsrichtungen hat, auch mit der noch fehlenden benennt. Nun ist die Ringbahn in Berlin auch geschlossen, was die Himmelsrichtungen betrifft. Der Name Gesundbrunnen ist schon seit Generationen längst überholt. Er wies auf eine mineralhaltige Quelle hin, dem späteren Luisenbad. 1748 erwähnte man erstmals die eisenhaltige Quelle. Nachdem 1799 sogar Königin Luise sich das Heilbad persönlich ansah gestattete sie, dass das Heilbad ihren Namen tragen durfte. 1882 gab es keine mineralhaltigen Quellen mehr im Wedding. Beim Bau einer Kanalisation schütteten Bauarbeiter die Quellen versehentlich zu und vorbei war es mit dem Heilbad Gesundbrunnen. Heute kann es so ausgedrückt werden: Der Gesundbrunnen ist abgefahren! Angekommen ist das Berliner Nordkreuz. (Text/Foto: VTN)