Gustavo Aceves mit Gattin erläutert sein Projekt/Foto: Ingrid Müller-Mertens
Mit großem Erfolg ging die eindrucksvolle Ausstellung des mexikanischen Künstlers Gustavo Aceves vor dem Brandenburger Tor zu Ende. Für leider nur viel zu kurze 8 Tage beherrschten 21 monumentale Pferdeskulpturen von ebenso morbidem wie optischem Reiz den Pariser Platz. Dass die einzigartige Schau an diesem bedeutsamen historischen Ort überhaupt zustande kam ist der gemeinsamen Anstrengung der Galerie Jarmuschek + Partner, der mexikanischen Botschaft und Kulturprojekte Berlin zu verdanken. Und natürlich Gustavo Aceves, der nun, nach fünfjähriger Arbeit sein Projekt "Lapidarium - Grenzen überwinden" erstmalig präsentierte. Das in Berlin zu tun war ihm besonders wichtig. Die lebensgroßen Pferdeskulpturen wurden konzipiert für die unmittelbare Beziehung zur Quadriga des Brandenburger Tores, dem Symbol für Leid, Schrecken, Zerstörung und Wiedervereinigung. Nur in diesem Spannungsfeld zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft können die Skulpturen ihre Wirkung voll entfalten .
Für Gustavo Aceves (58) stehen die Pferde als Metaphern für die vielseitigen gesellschaftspolitischen Herausforderungen und drängenden Probleme, wie die Abwanderung, Zuwanderung und Integration in der heutigen Zeit, für die Versehrtheit des Individuums, die Verzweiflung aber auch den Mut, sich aufzumachen zu einer Reise ins Ungewisse. Gleichnisse, die heute brandaktuell sind und Gustavo Aceves angesichts der Flüchtlingstragödien um das Mittelmeer zutiefst bewegen. Lapidarium zeigt – so Moritz von Dülmen, Kulturprojekte Berlin - 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges das Bild von Krieg und Zerstörung in Berlin im Frühling 1945. Es zeigt aber auch, wie fragil der Frieden anderswo ist und welches Bild von Krieg und Zerstörung sich dort im Frühling 2015 offenbart. Und Kristian Jarmuschek von der Galerie Jarmuschek + Partner betont: "Bilder machen unsere Welt sichtbar. Lapidarium von Gustavo Aceves zeigt bildgewaltig, wie dringend notwendig die Auseinandersetzung mit der aktuellen Migration ist."
Gustavo Aceves sieht seine Pferde zwar als Individuum aber immer in einem Gesamtzusammenhang des Entstehens, Werdens und Vergehens. Die unterschiedlichen Materialien der Skulpturen stehen für die Zeitlosigkeit und Aktualität seines Anliegens: Den gewaltfreien Weg zu Freiheit, Frieden und Demokratie. Er beginnt mit Granit, sozusagen dem Ursprung des Seins und führt die Metamorphose allmählich weiter über Travertin, Marmor bis hin zur Bronze. Seine Pferde sind monumental und gewichtig aber doch überraschend filigran und verletzlich. Man sieht nur Bruchstücke der äußeren Hülle, Hautfetzen, Gliedmaßen, Kopffragmente, aufragende Rippen des Brustkorbes, bedrohlich wie ein Gefängnis aber schließlich auch als die schützende Hülle für das Herz. Aber nur eines der Pferde, das letzte der thematischen Reihe bekommt ein Herz. Ganz realistisch und im Mittelpunkt. Vielleicht das Fünkchen Hoffnung, das den geschundenen und versehrten Pferdeleibern ihren Schrecken nimmt und dem Ganzen den symbolischen Sinn gibt.
Gustavo Aceves wird nun weiter ziehen mit seiner Botschaft und seinen faszinierenden Monumentalkunstwerken. Wer sie gesehen hat, für den wird der Pariser Platz nicht mehr sein was er vorher war.
Bildergalerie und Text: Ingrid Müller-Mertens
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