zirkusprinzessin nick 1

Désirée Nick als Zirkusdompteuse in Emmerich Kálmáns Operette Zirkusprinzessin./ Foto: Foto © Iko Freese / drama-berlin.de

Barry Kosky traut sich was. Der Intendant der Komischen Oper Berlin hat sich für seine traditionelle konzertante Weihnachtsoperette auf sehr dünnes Eis gewagt und die für ihr ebenso schnelles wie loses Mundwerk berühmt berüchtigte Diseuse Désirée Nick engagiert. Als sehr geschmeidige, sprachgewaltige, alles in Grund und Boden quatschende Chefdompteuse wirbelt sie orkanartig durch die Handlung von Emmerich Kálmáns Operette "Zirkusprinzessin" (uraufgeführt am 26. März 1926 im Theater an der Wien). Und dann singt sie auch noch und strapaziert die Trommelfelle mit der gellend dargebotenen Spezialfassung einer bekannten Johann-Strauß-Arie. Schriller geht’s nicht. Aber die an dieser Stelle andere Töne gewohnten Opernbesucher sind begeistert.

 

Die sind natürlich auch zu hören und zwar in höchster Qualität und total betörend. Die 90 Minuten sind da viel zu kurz und man hätte den perfekt besetzten Herrschaften aus Kálmáns Welt des russischen Operettenhochadels und der skandalumwitterten frivolen Zirkuswelt mit dem genretypischen amourösen Verwirrspiel noch lange verzückt lauschen können. So der berückenden Fürstin Fedora Palinska (Alexandra Reinprecht), dem ebenso geheimnisumwobenen wie hinreißenden Mister X (Zoltán Nyári) und dem restlichen bewährten Personal. Schmachtende Melodien wie "Zwei Märchenaugen", "Einmal schlägt auch meine Stunde" oder "Die kleinen Mäderln im Trikot" rissen zu Beifallstürmen hin.

Wie jedes Jahr war auch Kálmán-Tochter Yvonne angereist. Als strenge Hüterin und unermüdliche Botschafterin des väterlichen musikalischen Erbes jettet die 78jährige durch die ganze Welt. Besonders gern ist sie in Berlin. Die nun schon vierte Operettenaufführung an der Komischen Oper ist für sie wieder eine große Freude, insbesondere auch wegen den exzellenten Solisten, dem sangesfreudigen Chor und dem in diesem Jahr kongenialen ungarischen Dirigenten Stefan Soltesz, der Kálmáns Partitur immer wieder neue Effekte zu entlocken weiß.

Leider gibt es von diesem ganz besonderen Weihnachtsleckerbissen stets nur zwei Vorstellungen. Nach der Premiere am vergangenen Sonnabend nur noch einmal am 30.Dezember.

"Zirkusprinzessin"wird von Deutschlandradio Kultur aufgezeichnet und am Donnerstag, 31.Dezember, ab 20:03 in der Sendung »Konzert« ausgestrahlt.

www.komische-oper-berlin.de

Text: Ingrid Müller-Mertens